„Das Insolvenzverfahren der Lehman Brothers Holdings Inc. – ein in jeder Hinsicht besonderes Reorganisationsverfahren“
Die weltweite Finanzkrise hatte mit der Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. und der Veräußerung der Washington Mutual Bank durch die zuständige U.S. Aufsichtsbehörde auch die ganz großen und unantastbar scheinenden Kreditinstitute erreicht. Insbesondere der plötzliche Zusammenbruch der Lehman Brothers, einer der größten Investmentbanken der Welt, und die mit unfassbarer Schnelligkeit nachfolgende Veräußerung ihrer Börsenmaklertochter für insgesamt ca. 5,7 Mrd. Dollar ließen den Beobachter sprachlos zurück. In gerade einmal zehn Tagen war die Investmentbank nicht nur vom Markt verschwunden, sondern nahezu ausverkauft, was ausgerechnet im Rahmen eines Reorganisationsverfahrens erfolgte. Die Geschehnisse rücken das amerikanische Reorganisationsrecht, geregelt in Chapter 11 des U.S. Bankruptcy Code, wie auch dessen Anwendung in diesem speziellen Fall in den Blickpunkt des Interesses.
Die Beitrag erläutert die Ereignisse aus rechtlicher Sicht und zeigt die sehr eigene und flexible Handhabung der Reorganisationsverfahren in der amerikanischen Jurisprudenz auf. Eine blitzschnelle Reaktion ist so selbst auf singulär große Wirtschaftskrisen möglich, was insbesondere an der Eröffnung des Verfahrens binnen weniger Stunden liegt. Bemerkenswert ist die richterliche Interpretation der rechtlichen Anforderung in sec. 363 (b) des U.S. Bankruptcy Code hinsichtlich einer Veräußerung des überlebensfähigen Unternehmensteils, erscheint diese doch ebenso einzigartig wie das Ausmaß der Insolvenz und kann sie doch wohl nur richtig verstanden werden, wenn man die Verunsicherung bedenkt, die Mitte September 2008 nicht nur in einem New Yorker Gerichtssaal dahingehend herrschte, wie es mit dem Bankensektor weitergehen würde.