NZI 2012, S. 119-127

Grundlage und Grenzen der Bestellung von Sachverständigen in der gerichtlichen Schlussrechnungsprüfung

 Die Insolvenzgerichte sind in den letzten Jahren dazu übergegangen, die gerichtliche (sic!) Schlussrechnungsprüfung nahezu regelmäßig an externe Prüfer zu vergeben. Waren es am Anfang vor allem bedeutsame Verfahren, so werden von manchen Gerichten heute auch alle Bagatellverfahren zu Lasten der Insolvenzmassen extern vergeben. Gleichermaßen wird der oft allgemein gehaltene Prüfungsauftrag vom Prüfer als „Service“ immer mehr erweitert. Einige externe Prüfer, vor allem vormalige oder heute nur mehr wenig beschäftigte Insolvenzverwalter, verhalten sich dabei in den Augen einiger Beteiligter eher als „Inquisitoren“ als unabhängige Dritte. Toleranzgrenzen scheinen nicht vorhanden; auch Zinsdifferenzen im Cent-Bereich bei Verfahren mit vormals mehreren hundert Mitarbeitern werden thematisiert. Und die Entwicklung schreitet fort – zum Teil wird nun auch vor der Bewilligung einer (nennenswerten) Vergütung eine Zwischenrechnungsprüfung angeordnet. Eine zusammenhänge Aufarbeitung dieses Themas erschien vor diesem Hintergrund dringend geboten.

Fasst man die Erkenntnisse der im Beitrag zu findenden rechtlichen Analyse zusammen, so ergibt sich ein Bild, das der Gerichtspraxis grundlegend widerspricht. Eine pauschale und begründungslose Auslagerung der gerichtlichen Schlussrechnungsprüfung auf externe Prüfer ist nicht zulässig. Erfolgt sie dennoch, darf der Insolvenzverwalter die Bezahlung der Gutachterkosten aus der Insolvenzmasse ablehnen. Entsprechendes gilt für die Vielzahl der Bagatellverfahren; auch hier darf sich das Insolvenzgericht nicht auf Kosten der Masse entlasten.

Voraussetzungen für eine externe Prüferbestellung:

Insgesamt kann die Entscheidung des Insolvenzgerichts, einen Sachverständigen zur Schlussrechnungsprüfung hinzuzuziehen, mithin nur dann als ermessensfehlerfrei angesehen werden, wenn:

  • die eigene Sachkunde des Insolvenzgerichts aufgrund der Komplexität der Masseverwertung unzureichend erscheint und dies nachvollziehbar begründet wird,
  • ein Gläubigerausschuss nicht existert oder gänzlich untätig bleibt und
  • in Verfahren ohne Gläubigerausschuss eine Kassenprüfung im Auftrag der Gläubigerversammlung nicht erfolgte oder aber komplexe und aufklärungsbedürftige Fragen unberücksichtigt ließ.

 Der denkbare Anwendungsbereich einer Sachverständigenbeauftragung reduziert sich mithin auf kleinere, aber komplexe Verfahren ohne Gläubigerausschuss sowie Großverfahren mit einem in diesem Punkt trotz gerichtlicher Fristsetzung  nach § 66 Abs. 2 Satz 2 letzter Hs. InsO untätigen Gläubigerausschuss.

Die Ablehnung eines Prüfers wegen der Besorgnis der Befangenheit:

Die berechtigte Besorgnis, dass sachfremde Erwägungen das Gutachten beeinflussen, besteht immer dann, wenn nicht auszuschließen ist, dass der Sachverständige bei der Gutachtenerstellung von eigenen Interessen geleitet wird. Dies ist natürlich der Fall, wenn er mit Verfahrensbeteiligten verwandt oder verschwägert ist (absolute Ablehnungsgründe, §§ 406 Abs. 1 Satz 1, 41 ZPO), aber auch, wenn aus anderen persönlichen Beziehungen zu Verfahrensbeteiligten oder aus dem Verhalten des Gutachters bei der Gutachtenerstellung Zweifel an dessen Unvoreingenommenheit entstehen.

Diese Besorgnis wird mit dem Inkrafttreten des ESUG stets begründet sein, wenn das Insolvenzgericht einen Insolvenzverwalter mit der Gutachtenerstellung beauftragt. Die derzeit zu findende Einschränkung der Befangenheitsannahme auf eine Konkurrenzsituation bei demselben Insolvenzgericht lässt sich nach den Reformen des ESUG nicht mehr aufrecht erhalten. Die Befürchtung einer Unparteilichkeit wird dann auch auf Personen erweitert werden müssen, die in der Kanzlei des konkurrierenden Verwalters tätig oder aber mit ihm verwandt sind.