Das Vereinigte Königreich hat sich am 23. Juni 2016 in einem Referendum gegen einen Verbleib in der Europäischen Union ausgesprochen. Wir werden uns also darauf einzustellen haben, dass die britische Regierung in absehbarer Zeit den Austritt aus der EU erklärt und die Bedingungen und Folgen dieses Schritts verhandeln wird. Derzeit ist völlig unklar, auf welche rechtlichen Grundlage die Beziehungen Großbritanniens mit der EU davei gestellt werden; verschiedene Modelle sind hier denkbar (siehe etwa die Übersicht bei De Brauw).
Für das Europäische Insolvenz- und Restrukturierungsrecht bedeutet dies, dass der wohl bedeutendste Restrukturierungs-standort derzeit nicht planen kann, unter welchen Bedingungen er in naher Zukunft internationale Insolvenz- und Sanierungs-verfahren abwickeln kann. Insbesondere eine Fortgeltung der Europäischen Insolvenzverordnung und der Brüssel Ia-VO, die für die Anerkennung englischer Verfahren entscheidend sind, ist derzeit für die Zeit nach Inkrafttreten des Austritts nicht sicher. Auch eine Anerkennung englischer Schemes of Arrangements könnte folglich erschwert werden.
Auf der Tagung der ARGE Insolvenzrecht und Sanierung des DAV am 17.10.2016 in Berlin mit dem Thema „Fit für die neue EuInsVO 2.0? – Praktische Handhabung und Einpassung ins deutsche Recht und Ausblick auf das Europäische Insolvenzrecht post Brexit“ werde ich gemeinsam mit Rechtsanwalt Peter H. Hoegen diese Fragestellungen erörtern und versuchen, ein wenig Licht in das Spekulationsdunkel zu bringen.
Thema der Tagung wird aber nicht nur der Brexit, sondern auch der nun veröffentlichte Referentenentwurf des BMJV eines neuen Art. 102c EGInsO zur Durchführung der geänderten EuInsVO sein. Insbesondere die dor vorgesehenen Regelungen zu virtuellen Sekundärinsolvenzverfahren (dazu mein aktueller Beitrag für eine Festschrift) und Insolvenzplänen werfen interessante Fragen auf und werden sicher für eine angeregte Diskussion sorgen.