Das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) hat vor fünf Jahren weitreichende Änderungen im Recht der Verwalterbestellung, der Eigenverwaltung und des Insolvenzplans gebracht. Diese Rechtsänderungen haben seither die Praxis der Verwalterbestellung wie auch die Nutzung von Eigenverwaltung und Insolvenzplänen maßgeblich neu gestaltet. Dabei war sich der Gesetzgeber der Wirkungsmacht dieser Reformen durchaus bewusst und hat daher einen Evaluierungsauftrag formuliert: fünf Jahre nach Inkrafttreten der Reformen soll deren Wirkung eingeschätzt werden.
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat Ende 2016 diesen Auftrag aufgenommen und eine wissenschaftliche Untersuchung zur Wirkungsweise des ESUG in Theorie und Praxis ausgeschrieben. Diese soll folgende Fragen erforschen:
- In welchem Umfang hat sich der stärkere Einfluss der Gläubiger auf die Auswahl des Insolvenzverwalters auf dessen Unabhängigkeit ausgewirkt? Ist es im nennenswerten Umfang vorgekommen, dass im Interesse einzelner Gläubiger Verwalter bestellt wurden, an deren Unabhängigkeit erhebliche Zweifel bestanden haben?
- Wurde von der Möglichkeit, über einen Insolvenzplan in die Rechtsstellung von Gesellschaftern einzugreifen, Gebrauch gemacht und wie hat sich dies auf die Schuldnerunternehmen ausgewirkt? In welchem Umfang wurden Forderungen in Eigenkapital umgewandelt, und hat dieser Debt-Equity-Swap im nennenswerten Umfang grob egoistische Strategien ermöglicht, die sich letztlich zum Nachteil der Unternehmen und ihrer Arbeitnehmer ausgewirkt haben?
- Wird das neu geschaffene „Schutzschirmverfahren“ des § 270b InsO den Erwartungen gerecht und hat es insbesondere zu einer frühzeitigen Antragstellung und zu einer Stärkung der Eigenverwaltung geführt? Wird trotz § 270b InsO noch ein Bedürfnis für ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren gesehen?
- Ist die Aufgabenverteilung zwischen Richter und Rechtspfleger angemessen oder sollte im Interesse einer effektiven Verfahrensabwicklung die funktionelle Zuständigkeit neu austariert werden?
Am 11. Mai 2017 hat das BMJV nun bekannt gemacht, dass die Bietergemeinschaft Jacoby/Madaus/Sack/Schmidt/Thole das Forschungsvorhaben durchführen wird. Es freut mich ungemein, als Teil dieser Bietergemeinschaft die Untersuchung durchführen zu können. Im Zeitraum von Mai 2017 bis Mai 2018 werden wir zunächst eine rechtstätsächliche Untersuchung durchführen, die neben statistischen Daten (erhoben von INDat) vor allem auch eine Befragung der mit dem ESUG beschäftigten Berufsträger beinhaltet. Die Online-Befragung wird noch im Sommer erfolgen. Danach werden wir die Daten analysieren und in eine rechtswissenschaftliche Evaluation der ESUG-Reformen einfließen lassen. Unsere Befunde werden wir gegen Ende des Untersuchungszeitraums in einem Symposium mit Vertretern von relevanten Berufsverbänden diskutieren, bevor wir den finalen Bericht erstellen.
Als idealen Einstieg in die Thematik „ESUG-Evaluierung“ kann die diesjährige Jahrestagung des Instituts für Deutsches und Ausländisches Sanierungs- und Restrukturierungsrecht e.V. (IDAS) in Halle/Saale dienen, die natürlich noch in Unkenntnis der Vergabeentscheidung geplant wurde. Unter dem Generalthema „ESUG-Evaluation: Was muss auf die Reformagenda der nächsten Bundesregierung?“ werden am 8. Juni 2017 renommierte Richter, Verwalter, Berater und Professoren ihre Sichtweise auf die ESUG-Reformen und deren Reformbedürftigkeit vortragen und ausführlich mit dem Publikum diskutieren. Näheres zur (kostenfreien) Veranstaltung, insbesondere zur Anmeldung unter obigem Link.