Das zu Ende gehende Jahr hat im Bereich des Insolvenz- und Restrukturierungsrechts eine Vielzahl von Themen auf die Agenda des deutschen Gesetzgebers gerufen, die noch in der laufenden Legislaturperiode, also bis zum Sommer 2021, abgearbeitet werden sollen. Derzeit wird hierzu folgender Zeitplan kommuniziert:
Die schrittweise Verkürzung der Restschuldbefreiung auf drei Jahre
Noch in diesem Jahr sollte eigentlich der zweite Teil der Restrukturierungsrichtlinie umgesetzt werden, der die gesetzlichen Restschuldbefreiungstatbestände für natürliche Personen harmonisiert. Kern der Richtlinienvorgabe ist dabei die Vorgabe einer Frist von maximal drei Jahren für das Erlangen der Restschuldbefreiung ab Einleitung des Verfahrens für ehrliche Schuldner. Der deutsche Gesetzgeber wird diese Fristverkürzung umsetzen, plant aber zugleich eine Übergangsregelung, nach der die maßgebliche Frist in einem Übergangszeitraum monatlich kürzer wird. Hierzu hat das BMJV am 7. November 2019 eine Pressemitteilung sowie ein Informationsblatt veröffentlicht. Der eigentliche Referentenentwurf müsste dieser Tage folgen.
Vorinsolvenzliche Restrukturierungshilfen für Unternehmen
Die Umsetzung des ersten Teils der Richtlinie und damit die Einführung vorinsolvenzlicher gerichtlicher Restrukturierungshilfen wurde durch das BMJV seit dem Sommer mit verschiedenen Stakeholdern sowie der Wissenschaft diskutiert. Die Arbeit an einem Referentenentwurf scheint insofern fortgeschritten. Dessen Freigabe wird derzeit mit Spannung für das Frühjahr 2020 erwartet. Hierzu hatte ich einen Umsetzungsvorschlag gemacht, der jedenfalls hinsichtlich der dort vorgeschlagenen Regelungsorte (BGB, ZPO) auf der Handelsblatt-Tagung im Herbst als „radikal“ kommentiert wurde. Es dürfte insofern wohl eher eine eigenständige Restrukturierungsordnung zu erwarten sein. Wichtiger als der Regelungsort wird aber der Regelungsinhalt sein, der hoffentlich von einer Neuauflage der Vergleichsordnung absieht und stattdessen moderne, effiziente und insolvenzferne Hilfen zur Verfügung stellt.
Die Einführung derartiger Restrukturierungshilfen verlangt dann auch nach einer Anpassung derjenigen Regelungen, die nach Ansicht des ESUG-Gesetzgeber noch genügen sollten, um Deutschland im Wettbewerb mit ausländischen Rechtsordnungen im Bereich der Restrukturierungshilfen zu positionieren: die ESUG-Reformen. Insbesondere die Regelungen zur vorläufigen Eigenverwaltung und zum Schutzschirm, aber auch die Möglichkeiten des Insolvenzplan sollen im Zuge der Umsetzung der Richtlinie einer erneuten Reform unterzogen werden. Dabei werden hoffentlich die Ergebnisse der ESUG-Evaluation eine zentrale Rolle spielen.
Berufsrecht für Insolvenzverwalter und Restrukturierungspraktiker
Der dritte Teil der Richtlinie betrifft Fragen der Qualitätssicherung bei Gerichten und Verwaltern. Die Konzentration von Restrukturierungsverfahren bei spezialisierten Gerichten wird hier weiter auf der Agenda der (Länder-)Gesetzgeber bleiben. Zugleich wird ein Anstoß in Richtung eines besonderen Berufsrechts für Insolvenzverwalter und sonstige „Practitioner in the field of insolvency, restructuring and second chance“ gegeben. Fragen der Zulassung zum Beruf (etwa eine zentralisierte Auswahlliste), Qualitätssicherung, Aufsicht, Sanktionierung und auch der „angemessenen Vergütung“ sind danach von den Mitgliedsstaaten zu regeln. Die Verwalterverbände haben hierzu verschiedene Stellungnahmen veröffentlicht. Derzeit scheint es realistisch, dass diese Themen in einem dritten Schritt zum Ende der Legislaturperiode vom Gesetzgeber aufgegriffen werden.
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