Nun ist auch in Österreich der Entwurf einer Restrukturierungsordnung (ReO) zur Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie veröffentlicht worden (hier der Text). Eine erste Durchsicht zeigt, dass der österreichische Gesetzgeber den Trend zu modernen, modularen Gerichtshilfen verweigert und es mit einem klassischen vollumfänglich gerichtlichen Verfahren ähnlich einem Vergleichsverfahren versucht.
Europäisches (und lokales?) Restrukturierungsverfahren
Einem Trend verweigert sich das österreichische Recht nicht. Es wird das Restrukturierungsverfahren wie in Deutschland und den Niederlanden wahlweise als öffentlich bekanntgemachtes („europäisches“) und nicht publik gemachtes Verfahren geben. Auch im österreichischen Entwurf findet sich für nicht bekanntgemachte Verfahren keine Aussage zur grenzüberschreitenden Wirkung – was auch nicht erforderlich ist, wenn die EuGVVO greift. Interessant ist die Wortwahl, die suggeriert, dass allein veröffentlichte Verfahren als „europäisches Restrukturierungsverfahren“ grenzüberschreitende Ambitionen haben sollen.
Regelverfahren oder reine Planbestätigung?
Der Entwurf erlaubt eine Vereinfachung des Restrukturierungsverfahrens zur Bestätigung von Plänen, die nur „Finanzgläubiger“ erfassen und unter diesen unstreitig sind (Zustimmung aller Gruppen mit 75% Summenmehrheit des erfassten Kapitals). Zugleich bedarf es einer Bescheinigung, dass die Bestätigungsvoraussetzungen vorliegen, insbesondere keine Schlechterstellung der Akkordstörer vorliegt. Die Vereinfachung besteht dann (allein) darin, dass diese Pläne außergerichtlich abgestimmt werden dürfen und nur zur Bestätigung das Verfahren eingeleitet wird.
Großzügigeres Zugangsfenster
Aus deutscher Sicht ist insbesondere die Definition der wahrscheinlichen Insolvenz als Zugangskriterium interessant. Hier gewähren unsere Nachbarn einen großzügigeren Zugang. Nach § 6 Abs. 2 steht das Verfahren Unternehmen offen, „wenn der Bestand des Unternehmens des Schuldners ohne Restrukturierung gefährdet wäre; dies ist insbesondere gegeben, wenn die Zahlungsunfähigkeit droht oder die Eigenmittelquote 8% unterschreitet und die fiktive Schuldentilgungsdauer 15 Jahre übersteigt.“ Wenn man schon eine Zugangshürde aufbauen möchte (ich meine, man kann darauf verzichten), scheinen diese Kriterien der Beschreibung einer Bestandsgefährdung angemessen.
Planreichweite wie beim Insolvenzplan vor dem ESUG
Der konservative Ansatz der Richtlinienumsetzung zeigt sich vor allem in der Beschreibung der Planreichweite. Der Restrukturierungsplan darf allein Gläubigergruppen bilden. Sieht der Plan gesellschaftsrechtliche Maßnahmen vor, so verweist § 32 Abs. 1 des Entwurfs auf das Gesellschaftsrecht. Immerhin wird eine „grundlose“ Verhinderung der Planumsetzung verboten. Diese – nahezu wörtliche – Umsetzung des Art. 12 der Richtlinie schafft eine Rechtslage, wie sie im deutschen Insolvenzplanverfahren zwischen 1999 und 2012 existierte – erweitert um eine Gesellschafterpflicht zur Begründung eines Planvetos. Ob dies genügt, um die deutschen Erfahrungen zu vermeiden, die 2012 zum ESUG mit dessen gesellschaftsrechtlichen Planmaßnahmen führten, bleibt abzuwarten.
Insgesamt macht der österreichische Entwurf den Eindruck einer schlichten Umsetzung des Richtlinientextes ohne Ambitionen im europäischen Wettbewerb der Restrukturierungsordnungen. Er mag insofern aus deutscher, englischer oder niederländischer Sicht unmodern wirken. Es bleibt abzuwarten, ob der Entwurf zumindest für den heimischen Markt funktionieren wird. Es wäre schade, wenn er das Schicksal des von der Praxis weitgehend ignorierten Unternehmensrestrukturierungsgesetzes (URG) teilen müsste.