NZI 2012, S. 597 – 600

Die Rechtsbehelfe gegen die Planbestätigung nach dem ESUG

 

Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages hat es in buchstäblich letzter Sekunde tatsächlich auf sich genommen, ein Freigabeverfahren nach aktienrechtlichem Vorbild in das Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) und damit in § 253 Abs. 4 InsO einzubinden. Ungeachtet dieser Neuerung wurde am Ausgleichsverfahren im neuen § 251 Abs. 3 InsO festgehalten. Damit wird das Planverfahren ab dem 1. März 2012 ein völlig neues Rechtsbehelfssystem bieten, mit dem unnötige Verzögerungen bei der Umsetzung eines bestätigten Insolvenzplans vermieden werden sollen.

Der Ausgleichsanspruch

Der Betroffene kann zum einen beim Prozessgericht Klage auf Zahlung eines Ausgleichs aus den Planrücklagen für seine Schlechterstellung durch den Plan erheben, wenn der Insolvenzplan derartige Mittel bereithält. Rechtliche Grundlage dieses Anspruchs ist dabei nicht mehr seine ursprüngliche Forderung bzw. bei Anteilseignern seine ehemalige Rechtstellung. Diese Rechtspositionen werden durch die materiellen (vertragsrechtlichen) Planwirkungen auf das reduziert, was der Plan vorsieht; sie werden damit im Regelfall weitgehend erlöschen. Anspruchsgrundlage kann vielmehr allein die jeweilige Planbestimmung sein, die einen Ausgleichsanspruch im Sinne des § 251 Abs. 3 InsO vorsieht. Dabei wird er darlegen und ggf. beweisen müssen, dass eine Schlechterstellung gegenüber einem Liquidationsszenario tatsächlich vorliegt. Ein Antrag auf Minderheitenschutz nach § 251 Abs. 1 InsO ist hingegen keine Voraussetzung des Ausgleichsanspruchs, da die Schaffung eines solchen Ausgleichsfonds gerade verhindern soll, dass verfahrensverzögernde Anträge überhaupt gestellt werden. Es wäre daher widersinnig, jeden Ausgleichsinteressierten zu einer das Insolvenzgericht belastenden Antragstellung nach § 251 InsO zu zwingen.

Der Schadenersatz nach § 253 Abs. 4 InsO

Die Schadenersatzklage nach § 253 Abs. 4 Satz 4 InsO basiert demgegenüber auf der zurückgewiesenen Beschwerde des Betroffenen. Streitgegenstand dieser Klage ist kein Anspruch aus dem Plan, sondern eine ungerechtfertigte Rechtsverletzung durch einen zu Unrecht bestätigten Insolvenzplan, dessen Aufhebung infolge der vorgezogenen Rechtskraft der Planbestätigung ausnahmsweise nicht mehr möglich ist. Der hierauf basierende Schaden ist nach § 253 Abs. 4 Satz 3 InsO aus der Masse als Masseverbindlichkeit zu ersetzen, wobei die Differenzhypothese bei der Schadensberechnung die Planeinbuße mit einer hypothetischen Regelinsolvenz zu vergleichen hat.

Das Verhältnis der Klagen zueinander

Sieht der Insolvenzplan keine Ausgleichsmittel vor, so gibt es keine Ausgleichsklage nach § 251 Abs. 3 InsO. Es bliebe nur die Erhebung einer sofortigen Beschwerde und nach einer Freigabe des Plans eine Schadenersatzklage nach § 253 Abs. 4 InsO.

Sieht der Insolvenzplan Ausgleichsmittel vor und können diese die glaubhaft gemachten Nachteile voraussichtlich abdecken, so ist jede Beschwerde nach § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO unzulässig. In diesen Fällen bleibt allein die Ausgleichsklage nach § 251 Abs. 3 InsO.

Nur in dem Fall, in dem der Insolvenzplan in unzureichendem Maße Rücklagen nach § 251 Abs. 3 InsO vorsieht, können dem Betroffenen im Fall einer Planfreigabe beide Klagen zur Wahl stehen. Hier erläutert der Beitrag, dass die Klagen auf unterschiedlichen Rechtsgründen basieren (Plananspruch bzw. gesetzlicher Schadenersatzanspruch). Im Bezug zu der im Beitrag benannten Erwägung, die richtige Klage anhand der Art des Planmangels (allein individuelle Schlechterstellung oder anderer Planmangel) auszuwählen, wird festzustellen sein, dass auch die individuelle Schlechterstellung ein Versagungsgrund nach § 251 InsO und damit stets im Beschwerdeverfahren beachtlich ist. Richtigerweise sollte daher nicht auf die Art des Planfehlers abgestellt werden, sondern bei unzureichenden Ausgleichsmitteln stets eine Schadenersatzklage avisiert werden, um einen Zugriff des benachteiligten Planbetroffenen auf die gesamte Insolvenzmasse (statt nur auf den Ausgleichstopf) zu ermöglichen. Diesen Zugriff bietet nur der Anspruch aus dem Freigabeverfahren. Das Freigabeverfahren wird daher jedenfalls das Ziel, die Zahl der Beschwerden zu senken, gerade nicht erreichen.

Fazit

Bei unzureichenden Planmitteln wird das Freigabeverfahren keine verfahrensverzögernde Beschwerde verhindern, zumal deren Erhebung notwendig ist, um in den Genuss des Schadenersatzanspruchs des § 253 Abs. 4 Satz 3 InsO zu gelangen. Eine Anpassung des Rechtsmittelsystems an meine Vorschläge aus dem Beitrag aus dem Jahr 2010 bleibt daher weiter empfehlenswert.