Die EU-Kommission hat am 30. September 2015 einen Aktionsplan veröffentlicht, der 20 Maßnahmen beschreibt, die dazu dienen sollen, einen „echten Kapitalbinnenmarkt“ in Europa zu schaffen. Im Fokus der Initiative steht die Stärkung der Finanzierung der europäischen Wirtschaft durch einen verbesserten Kapitalmarkt und folgerichtig finden sich dort Maßnahmen wie eine Modernisierung der Prospektrichtlinie, eine 315 Mrd.EUR schwere Investitionsoffensive oder eine Vereinfachung und Standardiesierung europäischer Kapitalmarktinstrumente.
Im Kapitalmarktzusammenhang vielleicht etwas überraschend brantmarkt die Kommission dann vor allem auch das nicht harmonisierte Recht der Unternehmensinsolvenzen in Europa als Hindernis für den grenzüberschreitende Investitionen und damit den einheitlichen Kapitalmarkt. Damit nicht genug: Die Kommission plant nicht nur Konsultationen, sondern ein Rechtsakt zu Unternehmensinsolvenzen, „der die größten Hindernisse angehen soll, die dem freien Kapitalverkehr entgegenstehen und auf gut funktionierendennationalen Regelungen aufbaut“ (S. 6 unten).
Auf S. 28 stellt die Kommission dann klar, dass sie mit den Ergebnisse der Empfehlung vom 12.3.2014 „für einen neuen Ansatz im Umgang mit unternehmerischem Scheitern und Unternehmensinsolvenzen“ enttäuscht ist und einen Rechtsakt für unerlässlich hält, der die Themen der Empfehlung weiter vorantreibt. Man wird also vor allem mit Harmonisierungsbestrebungen im Bereich vorinsolvenzlicher Sanierungsverfahren und schneller Restschuldbefreiungen für redliche Schuldner rechnen dürfen. Die Vorlage eines Richtlinienvorschlags kündigt der Aktionsplan auf S. 35 bereits für das 4. Quartal 2016 an. Das Tempo ist also beachtlich.
Dies wird die Diskussion in Deutschland neu beleben. Meine Vorschläge zur behutsamen Anpassung des deutschen Insolvenzrechts an diese nicht zu ignorierende Entwicklung sind veröffentlicht (siehe die Habilitationsschrift, aber auch die Aufsätze in der NZI 2011, 622 ff. und zuletzt in der KSzW 2015, 183 ff.). Es bleibt noch etwas Zeit, um in Deutschland Vorschläge für ein angemessenes Regelungsregime zu erarbeiten und in den euroäischen Rechtssetzungsprozess einzubringen. Mein Forschungsprojekt unter den Dach des European Law Institute wird hierzu einen gewichtigen Beitrag leisten.