Die Laufzeit insolvenzrechtlicher Sonderregeln des COVInsAG endet im September 2020. Es muss also noch in diesen Wochen diskutiert werden, ob diese Regelungen weiter in Kraft bleiben. Konkret geht es darum, ob das BMJV von der Verordnungsermächtigung in Art. 1 § 4 COVInsAG und Art. 240 § 4 EGBGB Gebrauch machen sollte.
Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, wie die Politik in den kommenden Monaten und vielleicht Jahren mit der Präsenz des SARS-CoV-2 Virus umgehen wird. Das unten abrufbare Working Paper beginnt die Überlegungen daher mit einer Analyse der Prämissen des COVInsAG (I.) und der derzeit dominierenden Strategie in Politik und Gesellschaft im Umgang mit der Pandemie (II.). Auf dieser Grundlage wird eine Überführung der COVInsAG-Regelungen in ein Pandemie-Sonderrecht befürwortet, das von der parallelen Verbesserung der Instrumente in Insolvenz- und Restrukturierungsfällen begleitet werden muss (III.).
Die Analyse macht deutlich, dass die derzeit herrschende Strategie der Infektionsvermeidung die Dauer der Pandemie auf unbestimmte Zeit verlängert und einen Schwebezustand erzeugt, in dem für Eingriffe in die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit nur geringe Schwellen bestehen, sodass mit solchen Eingriffen in vielen Wirtschaftsbereichen weiter zu rechnen ist; manche Branchen (etwa das Veranstaltungs- oder Reisegewerbe) werden mittelfristig dauerhaft Beeinträchtigungen hinnehmen müssen. Hierauf ist nicht mehr mit einem Notstandsgesetz – wie dem COVInsAG – zu reagieren. Es bedarf vielmehr eines Pandemiegesetzes, das für diesen längeren Zeitraum Überbrückungshilfen passgenau anbietet. Zugleich sind pandemiebedingte Marktaustritte und Restrukturierungen zu erleichtern. Durch staatliche Eingriffe erzeugte Sonderopfer sollten durch schnelle Entschuldungen und effiziente Restrukturierungshilfen begrenzt werden. Die Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie und der ESUG-Reformen sollten daher noch in diesem Jahr abgeschlossen werden.
Die Einzelheiten finden sich in diesem Working Paper (Stand 6. Juli 2020).
Ein zitierfähiger Abdruck des Working Paper ist in der ZInsO erschienen (Madaus, ZInsO 2020, 1693).