Der Münchener Kommentar zum StaRUG – mehr Rechtssicherheit für neue Verfahrensoptionen

Nach fast zwei Jahren Arbeit ist er nun endlich erschienen  – der Münchener Kommentar StaRUG. Ich habe die Ehre, sein Mtherausgeber zu sein.

Ein Beitrag zum besseren Verständnis des StaRUG und zu mehr Vertrauen in seine Handlungsoptionen

Das Buch erfasst Literatur und Rechtsprechung zum neuen Gesetz bis Herbst 2022 und kann damit erste wichtige Hinweise im Umgang mit Unsicherheiten hinsichtlich der neuen Verfahrensoptionen geben. Der Dschungel neuer Regelungen braucht Wegweiser, um Pfade zu etablieren. Ansonsten wird ihn weiter kaum jemand betreten. Der INDat-Report berichtete in seiner ersten Ausgabe 2023 von 22 Restrukturierungsanzeigen im Jahr 2021 und 24 Anzeigen in 2022. Im Schatten niedriger Insolvenzzahlen und angesichts des kleinen Zugangsfensters sowie begrenzter Restrukturierungsinstrumente des StaRUGs mag dies kaum überraschen. Das Potenzial präventiver deutscher Restrukturierungshilfen scheint dennoch nicht ausgeschöpft, gerade wenn man bedenkt, dass in eine Vielzahl der Restrukturierungsberatungen die StaRUG-Option mit entwickelt wird. Ein Mehr an Rechtssicherheit macht diese Option sicher attraktiver. Hierzu soll der neue Kommentar in der Reihe der Münchener Kommentare seinen Beitrag leisten.

 

Sonderfall: Grenzüberschreitende Restrukturierungen

Besonders deutlich wird das Verschenken von Potenzialen durch unzureichende rechtliche Regelungen im Bereich der grenzüberschreitenden Restrukturierungen. Das StaRUG enthält hierzu keinen eigenen Abschnitt vergleichbar mit dem Internationalen Insolvenzrecht der Insolvenzordnung (§§ 335 bis 358 InsO). Ein „Internationales Restrukturierungsrecht“ fehlt dem deutschen Recht wie der zugrundeliegenden Richtlinie. Stattdessen wird nur die Öffentliche Restrukturierungssache in den Anhang A der EuInsVO aufgenommen und durch Regelungen in den §§ 84 bis 88 StaRUG der Anschluss der auf Insolvenzverfahren zugeschnittenen Regeln der EuInsVO hergestellt. Offen bleibt der Umgang mit regulären Restrukturierungssachen. Unklar ist auch, auf welcher Basis ausländische Restrukturierungssachen jenseits der EuInsVO in Deutschland Wirkung entfalten.

Ich habe mich diesen Fragen ausführlich in meiner Kommentierung der §§ 84 bis 88 StaRUG in diesem Band gewidmet. Gerade der Umgang mit regulären Restrukturierungssachen im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr wird ausführlich erläutert. In diesem Zusammenhang lohnt der Hinweis auf eine jüngst veröffentlichte Entscheidung eines niederländischen Gerichts (Rechtbank Noord-Nederland, Groningen), dass den nicht von der EuInsVO erfassten niederländischen Schuldenbereinigungsplan der Brüssel Ia VO (EuGVVO) unterwarf, seine Zuständigkeit in Art. 8 Nr. 1 der Verordnung fand und das auf den Plan anwnedbare Recht auf Basis der Vertragsnatur des Plans über Art. 4 Rom I VO bestimmte. Ich diskutiere und beschreibe in meiner Kommentierung in der Tat weitgehend denselben Weg.

The Promise and Perils of Regulating Ipso Facto Clauses

The Promise and Perils of Regulating Ipso Facto Clauses

In der aktuellen Ausgabe der International Insolvency Review ist ein Beitrag erschienen, in dem ich gemeinsam mit meinen Kolleginnen Janis Sarra (Professorin an University of British Columbia, Vancouver, Canada) und Jennifer Payne (Professorin an der University of Oxford, UK) die rechtliche Handhabung von Lösungsklauseln (sog. „Ipso facto“ Klauseln) in den Insolvenz- und Restrukturierungsrechten Kanadas, Englands und Deutschlands beleuchtet haben.

Anlass dieser Kooperation war die Erkenntnis, dass sich die diesbezüglichen Regeln in unseren Rechtsordnungen erheblich unterscheiden. Wir sind daher der Frage nachgegangen, welche grundlegenden rechtspolitischen Fragen den Gesetzgebungsprozess bestimmten und warum diese unterschiedlich beantwortet wurden. Die Erkenntnisse dieser Analyse ergab ein Menü an Entscheidungsoptionen, das jeder Gesetzgeber in seiner Bandbreite erkennen und aus dem er bewusst wählen sollte, wenn er – wie gerade im Rahmen der Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie geschehen – in diesem Bereich neue Regelungen schaffen will.

Der Beitrag ist unter diesem Link kostenlos erhältlich (Open Access). Zitat: Janis Sarra, Jennifer Payne and Stephan Madaus „The Promise and Perils of Regulating Ipso Facto Clauses“, Int Insolv Rev.2022;31:45–80.